Urteile zum Winter, Räumpflicht, Bereifung und Schnee

Urteile zum Winter, Glatteis, Bereifung, Räumpflicht u.v.m.

Jedes Jahr zum Wintereinbruch stellen sich für Verkehrsteilnehmer dieselben Probleme ein. Hierzu regelt der Gesetzgeber immer neue Rechte- und Pflichten, die man als Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger kennen sollte.

Urteile zum Wintereinbruch, Räumpflicht und Bereifung

Die Räumpflicht und die Räumzeiten werden in jeder Stadt und Gemeinde per Satzung bestimmt, jedoch liegen die Räumzeiten in der Regel zwischen 7 und 20 Uhr.

Bei einem Sturz durch nicht erfolgter Räumung kann der Verletzte Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem Verpflichteten verlangen. Dabei kann die räumpflichtige Person sogar auf Körperverletzung verklagt werden.

Für Räumpflicht verletzt Räumzeiten entscheidend

Räumpflicht von Grundstückseigentümers besteht abhängig von jeder Gemeinde ca. von 7 Uhr bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen meist ab 9 Uhr. Personen, die früher oder später unterwegs sind, können bei einem Sturz meist keinen Schadenersatz verlangen. Des Weiteren kommt es maßgeblich darauf an, ob der Eigentümer mit ihrem Kommen rechnen musste.

In einem Fall scheiterte die Klage einer gestürzten Pflegedienstmitarbeiterin, weil ihr Besuch bei der beklagten Grundstückseigentümerin um 10 Uhr an einem Sonntag nicht angekündigt war (BGH, Urteil v. 12.06.2012, Az.: VI ZR 138/11).

Räumungspflicht von Parkplätzen beschränkt auf sichere Wege

Gleiches gilt für Parkplätze. Es müssen sichere Wege von geparkten Fahrzeugen zum Eingang eines Gebäudes vorhanden sein, welche von allen Menschen nutzbar sind, die den Parkplatz überqueren wollen. Stürzt eine Person jedoch, weil sie sich im ungeräumten Teil des Parkplatzes aufhält, hat man keine Ansprüche gegen die zur Parkplatzräumung verpflichtete Person (AG Augsburg, Urteil v. 05.09.2018, Az: 74 C 1611/18).

Bahn verantwortlich für die Räumung der Bahnsteige und von Eingängen

Die Deutsche Bahn beträgt ihre Verantwortung für die Räumung der Bahnsteige oft an Unternehmen, jedoch entgeht sie so nicht er Haftung für Spüre und Verletzungen von Reisenden. Schon mit dem Ticketkauf schließt die Bahn mit dem Fahrgast einen Personenbeförderungsvertrag, durch welchen Sie sich verpflichtet für die Sicherheit während der Reise, womit auch der Weg zum Zug gemeint ist, zu sorgen. (BGH, Urteil v. 17.01.2012, Az.: X ZR 59/11).

Auch an Eingängen von U-Bahn-Stationen kann, auch ohne akuten Schneefall oder Frost, durch viele Fahrgäste ein zusammengetragene Schneematschhaufen entstehen. In solchen Fällen ist die Bahn verpflichtet eine Vor-Ort-Kraft zur ständigen Reinigung zu stellen, um einer Haftung bei Stürzen zu entgehen (AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 31.10.2012, Az.: 215 C 116/10).

Warnpflicht vor Dachlawinen

Trotz Schneefall müssen Hauseigentümer nicht immer sofort reagieren.  Dabei kommt es auf die jeweiligen Vorgaben der Satzung, die allgemeine Schneelage des Ortes sowie die besondere Beschaffenheit und Lage des Gebäudes und den ortsüblichen Umgang bei schneebedeckten Dächern an (OLG Hamm, Beschluss v. 14.08.2012, Az.: I-9 U 119/12).

Mangelhaftes Räumen strafbar

Bei mangelhaftem Räumen droht nicht allein Bußgeld, sondern laut de, Amtsgericht Tiergarten auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung. In dem Fall hatte ein Winterdienstmitarbeiter einen Eisbuckel nicht entfernt, wodurch ein Rentner später stürzte und verletzte. (AG Berlin Tiergarten, Urteil v. 07.01.2011, Az.: (277 Cs) 3012 PLs 4836/10 (274/10)).

Schneeballschlachten in der Schule

Schadensersatz bei schulbezogenen Raufereien seien ausgeschlossen, urteilte der Bundesgerichtshof. Wer sich auf dem Schulhof auf eine Schneeballschlacht einlässt trägt das Risiko für Verletzungen selbst. (BGH, Urteil v. 15. Juli 2008, Az.: VI ZR 212/07).

Dienstunfall durch Schneeballwurf

Im Gegensatz dazu, wurde die Verletzung eines Lehrers, der bei einer Schneeballschlacht seiner Schülern mitgemacht hatte, hingegen als Dienstunfall anerkannt. Denn Schneeballschlachten gehören selbst bei einem schulischen Verbot zu seinen Arbeitsaufgaben (Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil v. 04.12.2012, Az.: 5 K 1220/11).

 

Fahrzeuge im Schneechaos

Auch Fahrzeughalter tragen gewisse Pflichten, welche den Umgang mit ihrem KfZ im Winter betreffen.

Vereiste Scheiben am Fahrzeug

Wer mit vereister Scheibe im Winter unterwegs ist, droht ein Bußgeld von 10 Euro und wer dabei einen Unfall baut dem drohen ganze 35 Euro. Bei bloßem gefrieren der Heckscheibe soll dies jedoch einschlägig sein, solange die Seitenspiegel frei von Eis sind (OLG Karlsruhe, Urteil v. 04.06.1986, Az.: 3 Ss 12/86).

Trotzdem sollten Sie sich bemühen, Ihre Scheiben frei von Eis zu halten, um einem möglichen Mitschuldsvorwurf bei einem Unfall zu entgehen. Auch bei freigekratzten Gucklöcher droht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit und somit Ärger mit der Versicherung, welche für den Schaden aufkommen soll.

Fahrzeugdach von Schnee befreien

Fahrer sollten ebenfalls beachten, bei heftigem Schneefall das Autodach vom Schnee und Eis zu befreien, da sonst beim Bremsen der Schnee durch Rutschen auf die Windschutzscheibe Ihnen die Sicht versperren kann oder durchs fallen auf die Fahrbahn andere Autos zu Schaden kommen können. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt muss mit 25 Euro Bußgeld rechnen. Für Fahren mit zugeschneitem Nummernschild werden 5 Euro Bußgeld berechnet.

Winterreifenpflicht und Schneeketten

Wenn man bei Eis- oder Schneeglätte nicht mit Wintertauglichen Reifen unterwegs ist, muss man mit einem Bußgeld von 60 Euro und ein Punkt, bei Verkehrsbehinderung sogar 80 Euro und ein Punkt rechnen. Bei Gefährdung oder einem Unfall kann sich das Bußgeld sogar bis auf 100 – 120 Euro erhöhen.

Motorräder hingegen haben seit Juni 2017 keine Winterreifenpflicht mehr.

ACHTUNG – Neuregelung seit 2017 – Welche Reifen sind wintertauglich?

Seit 2017 ist es nicht mehr ausreichend, wenn die Reifen mit einer M + S-Kennzeichnung versehen sind. § 2 Abs. 3a der StVO verweist nun auf den neuen § 36 Abs. 4 der StVZO, weshalb nur noch solche Reifen als wintertauglich gelten, welche mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) nach der Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und der Haftung auf nassen Oberflächen oder des Rollwiderstandes (ABl. L 218 vom 12.8.2016, S. 1) gekennzeichnet sind.

Bis zum 30. September 2024 gelten Reifen mit M+S Kennzeichnung jedoch noch als wintertauglich, wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.

Der Gesetzgeber will durch diese sehr langen Übergangsregelung finanzielle Härten vermeiden, da so bereits produzierte und gekaufte Reifen noch genutzt werden können.

Falsche Bereifung kosten Versicherungsschutz

Die richtige Bereifung der Autos kann sich als essenziell darstellen, da falsche Bereifung auch den Versicherungsschutz kosten kann. In einem Fall des OLG Frankfurt am Main musste ein KfZführer seine Schadenskosten selbst begleichen, da er zwar mit Schneeketten, jedoch darunter Sommerreifen auf einem Berg ins rutschen gekommen war. (OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 10.07.2003, Az.: 3 U 186/02).

Schäden durch Räumfahrzeug

Räumfahrzeuge können ihre Geschwindigkeit anpassen. Schäden, die ein Räumfahrzeug durch von ihm hochgeschleuderte Eisbrocken an einem Fahrzeug auf der Gegenfahrbahn verursacht, sind zu ersetzen, da diese Gefahr nicht unabwendbar ist. (OLG Koblenz, Urteil v. 09.09.2013, Az.: 12 U 95/12).

Justus rät:

Wenn sie eine Unfall auf Grund von unterlassenen Räumungspflichten etc hatten, wenden Sie sich an unsere Fachanwälte für die erfolgreiche Durchsetzung Ihres Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruchs. Für eine Erstberatung durch unsere Kanzlei, welche auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung umfasst, schreiben Sie uns bitte über das Kontaktformular.  Gern können Sie sich auch sofort unverbindlich per Email oder per Telefon an uns wenden.

foto: jill111-pixabay.com

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