Versicherungsgutachten, Gutachten und Zweitgutachten

Geschädigter darf trotz Versicherungsgutachten eigenes Gutachten (Zweitgutachten oder Gegengutachten) erstellen lassen

Zweitgutachen, Versicherungsgutachten

Wenn ein Geschädigter berechtigte Zweifel an der Arbeitsqualität von einem Sachverständiger hat, welcher vom Versicherer beauftragten wurde, verstößt er nicht gegen seine Schadenminderungspflicht, wenn er seinerseits einen Gutachter beauftragt. Das hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 24. Juli 2017 entschieden (335 C 7525/17).

Unterschiedliche Ergebnisse von zwei verschiedenen Gutachtern

Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden. In einem Telefonat mit dem Versicherer des Unfallverursachers stimmte er zu, dass dieser einen Sachverständigen mit der Besichtigung seines Fahrzeugs beauftragen sollte. Der Kläger hatte nach der Besichtigung jedoch erhebliche Zweifel an der Qualität der Begutachtung. Der Sachverständige hielt es trotz des Schadensbildes, welches Schäden am Unterboden des Fahrzeuges vermuten ließ, nicht erforderlich dies zu überprüfen.

Der Kläger beauftragte daher einen zweiten Gutachter mit der Besichtigung seines Personenkraftwagens, welcher zu einem anderen Ergebnis als sein Vorgänger kam. Er stellte eine Wertminderung des Fahrzeugs fest und schätzte den Reparaturaufwand auf ca. 900 Euro höher ein, was sich als realistisch erweisen sollte. Der Versicherer des Unfallverursachers war daraufhin nicht dazu bereit, die Kosten für das zweite Gutachten zu übernehmen.

Berechtigte Zweifel an der Richtigkeit

Das Münchener Amtsgericht gab der Klage des Geschädigten auf Erstattung der Kosten für das zusätzliche Gutachten in Höhe von rund 740 Euro statt. Laut dem Gericht hat der Geschädigte grundsätzlich das Recht auf Kosten des Schädigers ein eigenes Schadengutachten einholen zu lassen. Ein Einverständnis des Kläger in die Begutachtung eines Sachverständigen, welchen die Beklagte beauftrag hat, ändert daran nichts.

Der Versicherungsgutachter hatte sich weder zur Wertminderung geäußert, noch das Fahrzeug von unten begutachtet. Der Kläger durfte somit berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens haben und hatte angesichts der Arbeitsweise des Versicherungsgutachters daher einen wichtigen Grund gehabt, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 24.7.2017, 335 C 7525/17

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